Rot-Schwarz heißt: Comeback des West-Berliner Filzes

Die charakteristische Eigenschaft von Filz ist wohl, dass es ein nur äußerst schwer zu trennendes Fasergut ist. Genau diese Eigenschaft prägte über lange Jahre die alten und neuen Koalitionäre von SPD und CDU. Da kam es eben im Zweifel darauf an in den entsprechenden, schwer zu trennenden Seilschaften zu hängen um politische Karriere zu machen. Kompetenz und Glaubwürdigkeit waren zwar hilfreich, aber eben nicht notwendig.

Berlin hat sie nun endlich wieder, die geliebte West-Berliner Koalition und mit ihr schon den ersten Skandal: Mit Michael Braun wurde ein langjähriger Kompagnion des CDU-Landesvorsitzenden Henkel zum Senator für Justiz und Verbraucherschutz gemacht. Wieder ging es wohl weniger um Kompetenz und Glaubwürdigkeit als vielmehr um die Berücksichtigung alter Loyalitäten und Bezirksproporzen. Warum sonst hätte man einen sog. Mitternachtsnotar, der in dubiose Schrottimmobiliendeals verwickelt ist, ernennen sollen? Es wird noch zu klären sein, wer in der gut vernetzten (oder verfilzten?) Berliner CDU von diesen Risiken und Nebenwirkungen zu welchem Zeitpunkt was wusste. Denn wenn dies offenbar in der Notar- und Verbraucherschutzszene sowie auch der Zeitschrift Finanztest bekannt war, können das auch andere gewusst haben. Diese Benennung hat der Glaubwürdigkeit der Berliner Politik geschadet, die gerade erst dabei war sich ihres alten, provinziellen Rufes zu entledigen. Sie bestätigt garantiert auch wieder die Meinung an vielen Stammtischen über „die“ Politiker. Der aufrichtige Dank gilt den engagierten Verbraucherschützern, die dem Wowereit-Senat diese Nummer nicht hat durchgehen lassen.

Warum Wowereit die Entlassungsbitte Brauns nun auch noch versucht als Stärkung des Verbraucherschutzes zu preisen, verstehen wohl nur seine Spin-Doktoren in der Senatskanzlei. Auch der Regierende Bürgermeister muss sich fragen lassen, warum er bei den Personalien offenbar nicht genau hingeschaut hat. Aber so war es ja schon früher in der großen Koalition. Die Posten, auch in den öffentlichen Betrieben, wurden schön untereinander aufgeteilt. So konnten SPD und CDU ihren parteiinternen Beförderungsstau lösen oder Problempersonalien elegant entsorgen. Mal sehen, ob die Berliner in fünf Jahren auch noch so begeistert sind. Bis dahin gilt: Berlin, du hast gewählt – nun freue dich!

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