Wer in Berlin ohne Ticket Bus und Bahn fährt, ist damit zunehmend allein: Die Zahl der Schwarzfahrer ist in diesem Jahr auf den tiefsten Stand seit zehn Jahren gefallen. Bei den Kontrollen treiben BVG und S-Bahn dafür einen enormen Aufwand.
In Berliner U-Bahnen, S-Bahnen und Bussen wird offenbar weniger als früher schwarz gefahren. Im laufenden Jahr lag der Anteil der Fahrgäste, die ohne Ticket unterwegs waren – sowohl bei der BVG als auch bei der S-Bahn – auf dem niedrigsten Stand der vergangenen zehn Jahre. Das geht aus einer Antwort des Berliner Senats auf eine schriftliche Anfrage des Linken-Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg hervor.
Demnach hatten bei der BVG zwischen Januar und September 3,14 Prozent der Fahrgäste keinen gültigen Fahrausweis, bei der S-Bahn waren es 2,59 Prozent. Dabei ist der Aufwand für die Kontrollen gegenüber dem Jahr 2017 noch einmal deutlich gestiegen: In U-Bahn, Bus und Tram wurden mehr als sieben Millionen Menschen kontrolliert (gegenüber rund fünf Millionen im Vorjahr). Bei der S-Bahn stieg die Zahl der Kontrollen von 9,1 auf 10,4 Millionen Menschen.
Schwarzfahrer-Quote im niedrigen einstelligen Bereich
In den vergangenen Jahren lag die Schwarzfahrerquote bei der BVG oft deutlich über vier Prozent, zwischenzeitlich auch mal bei sechs oder acht Prozent. Bei der S-Bahn wurde mehrfach die Fünf-Prozent-Marke überschritten.
Doch der Ertrag der millionenfachen Kontrollen ist eher gering – denn von den erwischten Schwarzfahrern kann nur ein Teil erfolgreich zur Kasse gebeten werden. So wurde bei der S-Bahn in 60 Prozent der Fälle das erhöhte Beförderungsentgelt nicht bezahlt, teilte Justiz-Staatssekretärin Martina Gerlach (parteilos) auf die Anfrage von Schlüsselburg mit.
Wird der Druck auf die säumigen Zahler jedoch erhöht, muss das Land Berlin letztlich draufzahlen. Denn wer eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt, liegt dem Steuerzahler zwangsläufig auf der Tasche: Pro Hafttag verursacht ein Gefangener nämlich Kosten in Höhe von 150,48 Euro. Diese Kosten summieren sich: Laut Senatsjustizverwaltung verbüßten Anfang Oktober 65 Männer und Frauen eine solche Ersatzfreiheitsstrafe – weil sie das erhöhte Beförderungsentgelt nicht bezahlen konnten oder wollten. Die Berliner Linke und auch die Grünen fordern daher seit langem, das Schwarzfahren zu entkriminalisieren und stattdessen nur noch als Ordnungswidrigkeit zu behandeln, vergleichbar dem Parken ohne Parkschein.
Senat: Kontrollen schrecken ab
Dass die Schwarzfahrer-Quoten heute viel geringer sind als zu Zeiten, in den weniger kontrolliert wurde, kann zum Beispiel daran liegen, dass die Arbeitslosenquote niedriger ist und daher weniger Berlinerinnen und Berliner auf das Schwarzfahren angewiesen sind.
Der Senat dagegen führt die rückläufigen Zahlen vor allem auf die gestiegenen Kontrollen zurück. Die höhere „Kontrolldichte“, so heißt es, habe abschreckenden Charakter – und korrespondiere mit der immer weiter wachsenden Zahl an Fahrgästen. Allein die BVG hat mehr als eine Milliarde Fahrgäste pro Jahr.
Sendung: Abendschau, 29.10.2018, 19.30 Uhr
https://www.rbb-online.de/abendschau/archiv/20181029_1930/nachrichten-aus-berlin.html