Presseschau: Innenverwaltung warnt vor voreiliger Wahlwiederholung

05.11.2022, 17:41 | Lesedauer: 2 Minuten | Isabell Jürgens

Die Innenverwaltung legt eine 52-seitige Stellungnahme vor – erst soll das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entscheiden.

Berlin.  In anderthalb Wochen will das Landesverfassungsgericht darüber entscheiden, ob die Berlin Wahlen vom September 2021 wiederholt werden müssen. In einer mündlichen Verhandlung Ende September hatte das Gericht aufgrund der vielen Pannen beim Ablauf der Wahlen eine komplette Wiederholung in Aussicht gestellt. Das Land Berlin hatte daraufhin mit den Vorbereitungen für eine Wahlwiederholung am 12. Februar 2023 begonnen. In einer Stellungnahme, die die Senatsverwaltung für Inneres an das Landesverfassungsgericht geschickt hat, werden nun jedoch ernste Zweifel an der Terminplanung laut.

In dem 52-seitigen Papier, das der Berliner Morgenpost vorliegt und über das zuerst der „Tagesspiegel“ berichtet hatte, legt die Innenbehörde dem Berliner Verfassungsgericht nahe, zunächst das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu hören. Denn, so das Gutachten, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Karlsruhe anders entscheide. Mit schlimmen Folgen, wie in der Stellungnahme ausgeführt wird.

„Unumkehrbare Schäden für die Demokratie“

„Es bestünde daher die nicht nur theoretische Gefahr, dass demokratisch gewählte und deshalb in ihrem Bestand größtmöglich zu schützende Volks- und Bezirksvertretungen aufgrund einer – von den gefestigten verfassungsrechtlichen Maßstäben abweichenden – Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs aufgelöst würden, bevor das Bundesverfassungsgericht zu demselben Wahlgeschehen zu einer anderen Einschätzung kommt“, heißt es in dem 52-seitigen Papier. Und weiter: „Eine divergierende verfassungsrechtliche Bewertung desselben Wahlgeschehens hätte – nicht nur in Berlin – unumkehrbare Schäden für die Demokratie und den Rechtsstaat zur Folge.“

Der Berliner Verfassungsgerichtshof entscheidet am 16. November nur über die Wiederholung der Berliner Abgeordneten- und Bezirksverordnetenversammlungen (BVV). Für die Bundestagswahl ist dagegen nur eine Wiederholung in 431 der insgesamt 2256 Wahlbezirke vorgesehen. Der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags trifft sich am 7. November zu einer Sondersitzung, um eine Empfehlung an den Bundestag zu beschließen.

„In einem Rechtsstaat müssen für die Beurteilung von identischen Fehlerquellen auch dieselben Maßstäbe angelegt werden. Es wäre unerträglich, wenn dieselben Wahlfehler beim Bundestag zu einer teilweisen und beim Abgeordnetenhaus und den BVVen zu einer vollständigen Wahlwiederholung führen würde“, so der Rechtsexperte der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Sebastian Schlüsselburg. Die Innenverwaltung von Senatorin Iris Spranger (SPD) wollte die Stellungnahme am Sonnabend nicht kommentieren.

Quelle: https://www.morgenpost.de/berlin/article236835199/Innenverwaltung-warnt-vor-voreiliger-Wahlwiederholung.html