Diplomaten in Berlin setzen sich gerne für die Pflege ihrer Landessprache im Ausland ein. Deshalb hatte die Botschaft der Niederlande zu einem Runden Tisch „Niederländisch – Schulfach in Berlin“ in ihr schönes Gebäude mit bestem Spreeblick in die Klosterstraße in Mitte geladen. Gekommen waren auch die beiden Berliner Niederländisch-Lehrer Norbert Look und Karel Anthonijs.
An ihrer Sekundarschule in Dahlem hatten sie jahrelang Niederländisch als zweite Fremdsprache angeboten – das war einmalig in Berlin. Doch im vergangenen Jahr richtete die Schulleitung keinen neuen Niederländisch-Kurs mehr ein. Schon damals drückten niederländische und flämische Diplomaten in Schreiben an Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ihre Unzufriedenheit aus.
Am Donnerstag betonte Koen Haverbeke, Generaldelegierter der belgischen Region Flandern in Berlin, dass Niederländisch in der Europäischen Union immerhin an achter Stelle stehe und weltweit von rund 24 Millionen Menschen gesprochen werde – zum Beispiel auch im südamerikanischen Surinam. Die langjährige Schulleiterin Gerlind Bast berichtete, dass es immer genug Anmeldungen für Niederländisch gegeben habe. Auch einige Schüler waren anwesend und erzählten, dass ihnen das Niederländisch-Lernen viel Spaß gemacht habe.
Die Sprache sei mit dem Deutschen verwandt, deshalb würden sie Schüler zunächst sehr schnell erlernen, führte der Niederlandistik-Professor Jan Konst von der Freien Universität (FU) Berlin aus. Gerade für Sekundarschüler sei das durchaus eine Alternative zu Französisch oder Spanisch, sagte er. Moderiert wurde die Veranstaltung von dem Linken-Politiker Sebastian Schlüsselburg, der als Schüler ebenfalls die damalige Alfred-Wegener-Realschule besucht und dort Niederländisch gelernt hatte.
Die Teilnehmer vermissten eine Vertreterin der Bildungsverwaltung, die ihr Kommen eigentlich zugesagt hatte. Hier von einem diplomatischen Eklat zu sprechen, wäre wohl zu hoch gegriffen. „Aber ich fand es doch enttäuschend“, sagte der Lehrer Norbert Look.
Die Niederlande wirken aus Berliner Sicht zunächst recht fern. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, die an die Niederlande angrenzen, ist Niederländisch reguläre zweite Fremdsprache. Doch auch hierzulande gibt es Traditionslinien. Die preußischen Hohenzollern waren mit dem niederländischen Herrschergeschlecht Oranien-Nassau verwandt und eng verbunden, wovon nicht nur die Kreuzberger Oranienstraße oder die Stadt Oranienburg nördlich von Berlin zeugen, sondern auch zahlreiche Denkmäler niederländischer Baumeister, allen voran das Holländische Viertel in Potsdam.
Kritik der Bildungsverwaltung
Derzeit wohnen rund 10.000 niederländisch sprechende Menschen in der Region Berlin. Die Volkshochschule Tempelhof-Schöneberg hat auffällig viele Niederländisch-Schüler. Lehrer und Dipolmaten drückten am Donnerstag ihre Hoffnung aus, dass Niederländisch als reguläre zweite Fremdsprache in Berlin anerkannnt wird. Dafür müsste die Sprache in die Verordnung über die Sekundarstufe I aufgenommen werden.
Dort werden alle Fächer namentlich benannt, unter anderem auch Astronomie oder Gebärdensprache Deutsch. Auch muss ein eigenes Curriculum dafür erstellt werden. Das soll im Rahmen eine Fachtages mit Vertretern der Bildungsverwaltung thematisiert werden, zum Beispiel im Hause von Bildungssenatorin Scheeres. Alternativ bot der flämische Diplomat Haverbeke die Botschaft Belgiens in der Jägerstraße in Mitte als Treffpunkt an.
Die Runde versuchte die Kritik der Bildungsverwaltung zu entkräften, dass es nicht genug ausgebildete Niederländisch-Lehrer gebe. Zum einen könne man Lehrkräfte aus Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen ausleihen. Oder man statte das Niederlandistik-Seminar an der FU mit anderthalb Stellen zusätzlich aus, damit eigene Lehrer ausgebildet werden können.
– Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/30513038 ©2018