Presseschau: BVG und S-Bahn erwischen 623 000 Schwarzfahrer

Berlin. Der erhöhte Druck durch Fahrscheinkontrollen in Bussen und Bahnen hat die Zahl der überführten Schwarzfahrer bei der BVG auf ein Rekordniveau steigen lassen. 343.000 Fahrgäste wurden 2019 bei 11,4 Millionen Kontrollen ohne gültiges Ticket angetroffen. 2018 waren nur 294.000 Schwarzfahrer gefasst worden.

Weil die Zahl der in der S-Bahn aufgefallenen Personen ohne Fahrausweis mit 280.000 bei 9,3 Millionen Kontrollen leicht zurückging, bleiben die im Berliner öffentlichen Nahverkehr festgestellten Fälle von Erschleichung einer Beförderungsleistung mit 623.000 auf dem Niveau des Vorjahres. Das geht aus einer Antwort der Verkehrsverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des Linken-Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg hervor. Die Quote der ertappten Schwarzfahrer unter allen kontrollierten Fahrgästen lag in beiden Unternehmen bei drei Prozent. Bei der S-Bahn ist sie leicht gestiegen, bei der BVG leicht gesunken. Früher waren deutlich mehr Menschen in der BVG unterwegs, ohne zu bezahlen. 2017 lag die Quote bei fünf Prozent, 2016 bei 5,7 Prozent.

Viele Ertappte begleichen das Bußgeld nicht

Von allen ertappten Schwarzfahrern forderten BVG und S-Bahn auch die 60 Euro ein, die als erhöhtes Beförderungsentgelt fällig werden. Sehr viele der Erwischten bleiben dieses aber schuldig. Die S-Bahn teilte mit, dass 2019 nur 38 Prozent die Forderung beglichen hätten. Die BVG informierte, dass sie 17,4 Millionen eingenommen habe. Das würde bedeuten, dass in rund 290.000 Fällen die 60 Euro eingegangen wären. Diese Quote läge also erheblich über der bei der S-Bahn.

Polizei und Justiz wurden auch im vergangenen Jahr wieder stark vom Thema Schwarzfahren belastet. Die S-Bahn stellte nach eigenen Angaben 11.650 Strafanzeigen wegen des Erschleichens von Leistungen nach Paragraph 265 des Strafgesetzbuches. Die BVG brachte 10.871 Fälle zur Anzeige. Das Landesunternehmen ging dabei nur gegen Mehrfachtäter vor, die innerhalb von zwei Jahren mindestens dreimal ohne Fahrschein aufgefallen waren.

Linken-Politiker Schlüsselburg verfolgt mit seiner Anfrage den Zweck, die unverhältnismäßig hohen Kosten der Justiz für ein vergleichsweise harmloses Delikt wie Schwarzfahren aufzuzeigen. Die Informationen sollen die politische Forderung der rot-rot-grünen Koalition untermauern, das Nutzen von Bahnen und Bussen ohne Fahrschein nur noch als Ordnungswidrigkeit und nicht mehr als Straftat einzustufen.

Wie intensiv aber Schwarzfahrer derzeit wirklich verfolgt werden, ist nicht leicht nachzuvollziehen. Die Justizverwaltung kann in der Antwort nur sagen, dass es 2018 insgesamt 6267 Personen wegen des Delikts der Erschleichung von Leistungen abgeurteilt worden seien. Diese Zahl umfasse aber erstens sowohl Verurteilungen als auch Freisprüche. Und zweitens werde darunter nicht nur der öffentliche Nahverkehr erfasst, sondern auch andere Leistungen wie nicht bezahlte Handyverträge. Es würden auch keine Statistiken zu den Personen erhoben, die in einem Berliner Gefängnis eine „Ersatzfreiheitsstrafe“ wegen wiederholten Schwarzfahrens und nicht bezahlter erhöhter Fahrpreise absitzen. Zu einem Stichtag Ende Januar saßen in Berlin insgesamt 70 Menschen wegen des Erschleichens von Leistungen hinter Gittern – aber auch diese müssen nicht unbedingt schwarz gefahren sein.