Grüne und Linke befürchten eine Schneise der Zerstörung, wenn der Stadtring zur Storkower Straße verlängert wird. Die Berliner CDU sehen eine Chance.
Peter Neumann, 3.4.2022 – 12:00 Uhr
Ein Radschnellweg, Verkehrsberuhigung in angrenzenden Kiezen, mehr Grün. Auch das sollte zum 17. Bauabschnitt der Autobahn A100 gehören, fordert die CDU Berlin. Während seiner Klausurtagung am Wochenende verabschiedete der Landesvorstand einen Beschluss, nachdem die geplante Verlängerung des Stadtrings zur „Klimaautobahn“ entwickelt werden soll. Die Christdemokraten begrüßten die Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums, die Planungen für den Weiterbau der A100 über Treptow hinaus nach Friedrichshain und Lichtenberg voranzutreiben. Es sei möglich, das Projekt „stadtverträglich“ zu verwirklichen, sagte der Landesvorsitzende Kai Wegner.
„Statt wie die Grünen bei Infrastrukturprojekten immer nur auf der Bremse zu stehen, muss jetzt die Chance genutzt werden, die A100 zu einer echten Klimaautobahn zu entwickeln“, forderte Wegner. „Im Zuge des Weiterbaus können technologische Innovationen entstehen, erprobt und schlussendlich flächendeckend realisiert werden.“
Im Doppelstocktunnel durch die Wohnviertel am Ostkreuz
Seit 2013 entsteht der 16. Bauabschnitt, der von der Grenzallee unweit vom Dreieck Neukölln zur Straße Am Treptower Park führen wird. Die 3,2 Kilometer lange innerstädtische Autobahn, die nach jetzigem Stand 650 Millionen bis 700 Millionen Euro kosten wird, soll im vierten Quartal 2024 dem Verkehr übergeben werden. Nun hat die bundeseigene Autobahn GmbH wie berichtet die Planung für den 17. Bauabschnitt ausgeschrieben. Die 4,1 Kilometer lange nächste Erweiterung der A100 soll in einem Doppelstocktunnel unter dem Ostkreuz sowie den angrenzenden Wohnvierteln hindurchführen, die Frankfurter Allee kreuzen und an der Storkower Straße enden. Die jüngste Kostenschätzung über 531 Millionen Euro datiert von 2013. Heute gehen Fachleute von mindestens dem doppelten Betrag aus.VerkehrTunnel in Friedrichshain und Abrisse: Der A100-Weiterbau verändert Berlin
Der Weiterbau der Stadtautobahn in den Osten Berlins sei „Bestandteil eines durchdachten, zukunftsfähigen und klimaschonenden Verkehrskonzeptes für die Metropole“, heißt es in dem Beschluss des CDU-Landesvorstands. „Nicht nur werden zum Zeitpunkt der Fertigstellung vor allem Fahrzeuge mit klimaneutralen Antrieben bzw. Kraftstoffen die Stadtautobahn nutzen. Die Entlastung innerstädtischer Quartiere vom Verkehr und die damit verbesserte Lebensqualität sind ein zusätzlicher Gewinn.“
Die Schaffung und Aufwertung innerstädtischen Grüns durch Ausgleichsflächen im Rahmen des Autobahnbaus müssten und würden zur Verbesserung des Stadtklimas beitragen, so die Berliner Christdemokraten weiter. „Gleichzeitig sollen mit dem Ausbau der Autobahn verkehrsberuhigende Maßnahmen in den umliegenden Stadtteilen einhergehen, um die gewünschte Entlastungswirkung zu verstärken“, so die CDU weiter. „Es ist zu prüfen, ob und gegebenenfalls wie ein parallel zum 17. Bauabschnitt geführter Radschnellweg zusätzlich in die Planungen integriert werden kann.“VerkehrTrotz Protesten und Alternativen: Bau der A100 in Berlin schreitet voran
Aus Sicht der Berliner Grünen ist der vom Bund angekündigte Weiterbau der Stadtautobahn A100 gleich in mehrfacher Hinsicht falsch. Nach Überzeugung des Landesvorsitzenden Philmon Ghirmai ist er reine Geldverschwendung und löst verkehrspolitisch keine Probleme. Aber nicht nur das: „In einer Zeit, in der es geboten ist, Energie einzusparen und das Klima zu schützen, braucht es keine weitere Betonschneise durch Berlin“, sagte Ghirmai am Sonnabend beim Grünen-Parteitag in Berlin.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) solle das Geld besser in eine gezielte Stärkung des ÖPNV und in den Radverkehr investieren. „Wenn er davon nichts macht, aber zugleich die A100 wirklich weiterbauen will, dann wird er sich an Berlin die Zähne ausbeißen“, sagte Ghirmai.ANZEIGERatgeber HaarausfallLichtes Haar? Dieses Hausmittel hilftEmpfohlen von
Linke erwartet Umwelt- und Kiezzerstörung
Auch die Linke lehnt den Plan ab. Während des Landesparteitags, der ebenfalls am Sonnabend stattfand, wurde ein Dringlichkeitsantrag zum 17. Bauabschnitt einstimmig angenommen, berichtete Sebastian Schlüsselburg, der ihn zusammen mit anderen Abgeordneten eingebracht hatte. „Stadtautobahnen durch und unter dicht besiedelte Gebiete sind rückwärtsgewandte Verkehrsprojekte aus dem vergangenen Jahrtausend. Sie schlagen Schneisen der Umwelt- und Kiez-Zerstörung durch Städte“, heißt es darin.