16.02.2023, 18:00 | Lesedauer: 4 Minuten | Marc R. Hofmann und Julian Würzer
In Lichtenberg setzt sich das Rennen um das Direktmandat weiter fort. Nach einer Nachzählung führt wieder der CDU-Kandidat.
Berlin. Weitere Wendung im Krimi um das Direktmandat im Wahlkreis 3 in Berlin-Lichtenberg: Nach Angaben des RBB hat eine Nachzählung der Stimmen in einem Urnenwahlbezirk am Donnerstag nun wieder einen hauchdünnen Vorsprung für CDU-Kandidat Dennis Haustein auf Claudia Engelmann von der Linken ergeben. Am Freitag soll es eine weitere Nachzählung geben. Wie berichtet, hatten nachträglich aufgetauchte Briefwahlstimmen zur Berlinwahl 2023 am Mittwoch zwischenzeitig zu einem Patt zwischen den beiden Kandidaten für das Abgeordnetenhaus geführt. Um das Ergebnis abzusichern, will die Linke jetzt eine Kontrollauszählung des gesamten Wahlkreises beantragen.
„Wir wollen durch eine Nachzählung in dem Wahlkreis Klarheit haben“, sagt Sebastian Schlüsselburg, rechtspolitischer Sprecher Partei im Berliner Abgeordnetenhaus, zur Berliner Morgenpost. Dabei breche sich niemand einen Zacken aus der Krone. Denn bei einer Nachzählung in einem Stimmbezirk habe es weitere Ungereimtheiten gegeben. Dem Linken-Politiker zufolge wurde ein Stapel von zehn Stimmen nicht mitgezählt. Von diesen Stimmen seien neun Erststimmen an die CDU gegangen, eine sei für ungültig erklärt worden. Nach diesem Zwischenstand läge der CDU-Kandidat Dennis Haustein mit neun Stimmen vor der Linken-Kandidatin Claudia Engelmann. Allerdings gebe es Unklarheiten bei mindestens elf weiteren Stimmen, so Schlüsselburg. Und dabei handle es sich lediglich um ein Wahllokal.
Linke macht sich für Kontrollauszählung in Lichtenberg stark
„Sollte es zu keiner Kontrollauszählung kommen, dann wird der Fall vor dem Landesverfassungsgericht landen“, kündigt Schlüsselburg an. Ein Losverfahren wegen Stimmengleichheit wolle man so möglichst vermeiden, damit der Abgeordnete hinterher nicht als „Losabgeordneter“ gelte. Um das Verfahren für eine Kontrollzählung künftig zu vereinfachen, will Schlüsselburg eine Änderung im Landeswahlgesetz anregen. Sobald ein Ergebnis knapp ist, die Direktkandidaten etwa nur ein Prozent der Stimmen voneinander trennt, wolle man von Gesetzes wegen eine Kontrollauszählung anordnen lassen. „Es geht hier um die Zusammensetzung des Parlaments“, betont Schlüsselburg die Bedeutung.
Kevin Hönicke (SPD), in Lichtenberg als Stadtrat für die Bürgerdienste verantwortlich, sagt in einem Statement auf dem Kurznachrichtendienst Twitter unterdessen: „Alle gültigen Stimmen zählen, noch steht nichts endgültig fest!“ Da noch Wahlprotokolle geprüft werden müssten und es bei Beanstandungen zu Nachzählungen kommen könne, gebe es in keinem der Wahlkreise definitive Zahlen. „Das endgültige Ergebnis wird am 20. Februar im Bezirkswahlausschuss Lichtenberg festgestellt.“ Ebenfalls auf Twitter bestätigt der Stadtrat allerdings, dass es am Donnerstag eine Nachzählung für zwei Briefwahlbezirke und einen Urnenwahlbezirk gegeben habe.
Berlin: Landeswahlleiter erklärt rechtliche Voraussetzungen
Auf Morgenpost-Nachfrage erklärt Landeswahlleiter Stephan Bröchler, dass ein knappes Wahlergebnis oder Wunsch einer Partei auf Nachzählung rechtlich allein nicht ausreicht, um diese anzuordnen. Dass dies bereits 2021 in einem Wahlkreis in Pankow passiert sei, sieht Bröchler ob der mittlerweile festgestellten „gravierenden organisatorischen Defizite“ der damaligen Wahl als gerechtfertigt an. Der aktuelle Urnengang habe hingegen insgesamt „gut funktioniert“.
Nach Verkündung des vorläufigen Ergebnisses sei es der Regelfall, dass in den folgenden Tagen ein Prüfprozess laufe. Dabei werden etwa die Niederschriften aus den Wahllokalen und ungültige Stimmen geprüft. „Wir suchen Fehler und finden Fehler“, so der Landeswahlleiter. Darum sei der aktuelle Stand nur eine „Wasserstandsmeldung“. Ob es letztlich zu einer Auslosung und dadurch einen Wegfall von Ausgleichsmandaten komme, sei noch spekulativ.
Grundsätzlich gebe es eine Auslosung eines Mandats, wie sie das Landeswahlgesetz in Berlin bei Stimmengleichheit vorsieht, auch in anderen Bundesländern. „Mir ist allerdings kein Fall bekannt, in dem das schon einmal gemacht wurde“, sagt der Professor für Politik- und Verwaltungswissenschaften.
Absolute Klarheit herrscht erst, wenn alle Bezirkswahlausschüsse ihre Ergebnisse an den Landeswahlausschuss gesendet haben. Der wiederum verkündet das amtliche Endergebnis nach seiner Sitzung am 27. Februar.