Was derzeit bei den Piraten abläuft kann ich beim besten Willen nicht verstehen. Ja, die Piraten sind noch eine verhältnismäßig junge Partei. Ja, bei den Piraten engagieren sich viele junge Leute, die erst noch ihre Erfahrungen im (partei)politischen Raum sammeln müssen. Ja, die Piraten mögen vielleicht sogar selbst überrascht und auch ein wenig überfordert von ihrem derzeitigen Erfolg sein. Und ja, die Piraten versuchen so lange wie möglich ansprechbar für die verschiedensten Wählergruppen zu sein. Dafür habe ich grundsätzlich Verständnis.
Wofür ich als demokratischer Sozialist aber kein Verständnis habe sind Äußerungen von hochrangigen Politikern der Piraten, die sich nicht eindeutig von braunem Gedankengut innerhalb der eigenen Partei distanzieren. Es kann nicht angehen, dass der Landesvorsitzende der Berliner Piraten es nicht nur nicht unterlässt in dieser Frage eine klare Linie zu ziehen, sondern selbst den Eindruck erweckt, die Piratenpartei könne eine politische Heimat für Leute sein, die menschenverachtendes Nazi-Gedankengut verbreiten oder tolerieren.
Gerade hier in Lichtenberg sind alle demokratischen Parteien froh, dass es während der vergangenen Jahre gelungen ist die NPD zu marginalisieren. Sie stellen keine Fraktion mehr in der BVV und unser aller Ziel muss sein, dass sie nach den nächsten Wahlen vollständig aus dem Beziirksparlament fliegen. Da können wir es überhaupt nicht gebrauchen, wenn Vertreter von im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien Zweifel beim Kampf gegen Rechtsextremismus aufkommen lassen. Denn: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Jeder Demokrat hat die verdammte Pflicht in seinem Umfeld, seiner Partei faschistisches Gedankengut kompromisslos zu bekämpfen. Wer das nicht tut oder schlimmer noch, durch solche vermeintlich toleranten Äußerungen der braunen Brut einen neuen Nährboden bereitet, der reißt mit dem Arsch den Jahrzehnte langen antifaschistischen Kampf wieder ein. Wer nach allen Seiten offen zu sein versucht, ist eben auch nicht ganz dicht. Dieser Spruch gilt vor allem, wenn es um die rechte Flanke geht. Hier darf es keinen Zweifel geben!
Martin Delius nehme ich aus dieser Kritik explizit heraus. Seine Äußerung hat wohl nichts mit mangelnder antifaschistischer Überzeugung zu tun, sondern war einfach nur ein dummer Fehler. Allerdings muss man den Piraten an dieser Stelle auch sagen: Ihr habt euch entschlossen als Partei in den Ring zu steigen und nicht als NGO in der ersten Reihe zu sitzen. Deshalb darf man von euch jedenfalls bei so sensiblen Themen auch ein Mindestmaß an Professionalität erwarten. Auch im Umgang mit den Medien.